Erstes Wasserstoff-Serienauto aus Deutschland: Der Mercedes GLC F-Cell im Test (2024)

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Der erste Eindruck: Endlich ein autobahntaugliches Elektroauto. Fahren, in drei Minuten Wasserstoff tanken, weiter geht's. Kilometerfressen wie bei Benziner oder Diesel. Und das mit vibrationsfreiem Motorlauf und krasser Geräuschdämmung. Ziemlich komfortabel, dieser Benz.

Das sagt der Hersteller: Im Vergleich zum batterieelektrischen SUV Mercedes EQC 400 (erhältlich ab Herbst) werden laut Mercedes "recht wenige" GLC F-Cell gebaut. Wie wenige genau, verrät der Hersteller nicht. Es könnten tausend sein. Vielleicht auch mehr. Kaufen kann man das Auto nicht, dafür für 799 Euro im Monat leasen. Stolz sind sie trotzdem in Stuttgart: Auf die Alltagstauglichkeit und auf das Ergebnis der jahrzehntelangen Entwicklung, die zur aktuellen Brennstoffzelle führt. Sie erzeugt den Fahrstrom direkt im Auto und läuft mit Wasserstoff. Das neue System ist so kompakt, dass es "vollständig im Motorraum untergebracht und an denselben Aufhängungspunkten wie ein konventioneller Motor montiert" wird, heißt es bei der Mercedes-Mutter Daimler.

Auch der Platinanteil sei gegenüber dem Vorgängerfahrzeug - also dem F-Cell von 2010 auf Basis der vorletzten B-Klasse - um 90 Prozent reduziert worden. Branchenkenner sagen, dass damit ungefähr so viel von dem Edelmetall eingesetzt wird, wie für die Abgasreinigungsanlage eines heutigen Diesels gebraucht wird. Das schont die Umwelt, spart Kosten und macht das Brennstoffzellenfahrzeug deutlich attraktiver.

Das ist uns aufgefallen: So einfach kann elektrisches Fahren sein. Kein Gedanke an die Reichweite, an zugeparkte Ladesäulen, an langweilige Zwangspausen, wirre Stromtarife oder den richtigen Ladechip. Nur auf die Karte der Wasserstofftankstellen sollte man vor dem Start unbedingt schauen: Zwar wird zurzeit fast jede Woche ein neuer Standort eröffnet. Trotzdem muss man jede Gelegenheit zum Nachfüllen nutzen. Das liegt auch am Tank des Mercedes, der mit 4,4 Kilogramm Fassungsvermögen deutlich kleiner ist als der des härtesten Konkurrenten, dem Hyundai Nexo (6,3 Kilo) - ein wichtiger Mangel.

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Foto: AUDI AG

Der Mercedes GLC F-Cell opfert nämlich einen Teil des Bauvolumens für die extern aufladbare Batterie. Er kann also sowohl mit Strom aus der Brennstoffzelle als auch mit dem aus dem Netz fahren. Streng genommen ist er also ein Plug-in-Hybrid. Wann welche Energiequelle angezapft wird, merkt der Fahrer aber niemals - anders als bei herkömmlichen Hybriden und anderen Brennstoffzellenfahrzeugen. Das gelingt auch, weil der Luftverdichter unhörbar ist - anders als im Wasserstoffauto Toyota Mirai. Deutlich spürbar ist dagegen der Doppelschub: Beim Beschleunigen reagiert der F-Cell spontaner und direkter als die Konkurrenz. Die Netto-Kapazität von 9,3 Kilowattstunden (kWh) reicht für rund 30 Kilometer aus. Genug für alle, die das SUV ohnehin nur als Shoppingcruiser nutzen wollen. Dennoch wäre es konsequenter gewesen, allein auf Wasserstoff zu setzen. Die Reichweite summiert sich bei zugegeben sehr zügiger Autobahnfahrt (Verbrauch: 1,6 kg auf 100 km) auf gut 300 Kilometer. Wer langsamer und abseits von A2 und A9 unterwegs ist, sollte über 400 schaffen.

Das muss man wissen: Mitmachen - oder das Feld der Konkurrenz überlassen. Das gilt ganz sicher für die batterieelektrischen Autos, die gerade weltweit starke Wachstumsraten haben. Siehe Tesla. Aber auch bei der Brennstoffzelle geht es jetzt richtig los. Die asiatischen Hersteller wissen: Nicht die Batterie oder die Brennstoffzelle machen das Rennen. Vielmehr gilt: Je größer das Fahrzeug und je länger die Strecke, desto mehr Sinn ergibt der Wasserstoff und desto unsinniger werden superschwere Batterien.

Welche Typen von Elektroautos gibt es?

Diese Fahrzeuge haben keinen klassischen Antriebsstrang mehr, der vom Motor die Bewegungsenergie auf die Räder überträgt. Stattdessen sind in den Radnaben Elektromotoren, die Energie kommt aus einem Akku, der an der Steckdose aufgeladen werden kann. Weil die Speicherkapazität der Batterien noch nicht mit einem klassischen Automobil vergleichbar ist, haben einige Elektromobile einen sogenannten Range Extender an Bord - einen kleinen Generator, der die Elektromotoren mit Energie versorgt, wenn der Akku leer ist.

Beispiele: Tesla Model S, VW E-Up, VW E-Golf, Renault Zoe, BMW i3, Ford Focus Electric, Nissan Leaf, Mercedes B-Klasse E-Drive

Hybridautos haben zusätzlich zum klassischen Verbrennungsmotor einen Akku an Bord. Wenn der leer ist, springt der Benziner an. Eine Variante sind sogenannte Mild-Hybrid-Systeme, bei denen der Stromantrieb nur parallel unterstützend läuft, um den Benzinverbrauch zu reduzieren. Der Akku wird in der Regel durch Bremskraftrückgewinnung und einen Dynamo geladen. Zukünftige Hybridfahrzeuge sollen aber auch an der Steckdose aufladbar sein.

Beispiele: Toyota Prius, Toyota Prius+, VW Golf GTE, Porsche Panamera S E-Hybrid, Porsche 918 Spyder, Volvo V60 PiH, BMW i8

Bei diesen Fahrzeugen tankt man statt Benzin flüssigen Wasserstoff. In einer chemischen Reaktion wird das Hydrogen in der Brennstoffzelle in elektrische Energie umgewandelt, die dann das Fahrzeug antreibt. Anders als bei reinen Elektrofahrzeugen ist die Infrastruktur für den Wasserstoff eine ungelöste Frage. Vorteil der Brennstoffzellenfahrzeuge ist ihre größere Reichweite.

Beispiele: Hyundai ix35, Honda FCX Clarity, Hamburger Nahverkehrsbusse (Mercedes-Benz), Toyota Mirai

Im Gegensatz zu den herkömmlichen Elektroautos haben Range Extender einen Verbrennungsmotor an Bord, der anspringt, wenn die Ladung der Batterie zur Neige geht. Vorteil: Die Reichweite steigt auf das Niveau eines Autos mit konventionellem Antrieb. Vorreiter dieser Spezies ist der Opel Ampera, der die Kraft des Verbrenners aber auch nutzt, wenn die volle Leistung zum Beispiel auf der Autobahn abgerufen wird.

Beispiele: Opel Ampera (baugleich mit Chevrolet Volt), BMW i3 (optional mit Benzinmotor)

"Wir beobachten eine global verstärkte Dynamik im Bereich der Brennstoffzelle, im Wesentlichen getrieben von China, das zu Südkorea und Japan in dieser Technologie aufschließen will", sagt Volker Blandow, Leiter Elektromobilität beim TÜV Süd. Er beobachtet zurzeit von Hongkong aus die Situation auf den asiatischen Boommärkten. Vor allem Peking setzt seinen Angaben zufolge offenbar nicht mehr allein auf Akkuautos. "Brennstoffzellen sollen China unabhängiger von problematischen Materialien in Li-Ionen-Batterien machen", sagt Blandow.

Kritiker monieren den im Vergleich zur Batterie schlechteren Wirkungsgrad der Brennstoffzelle. Ihr Vorteil ist die ungleich höhere Materialeffizienz: Die rein batterieelektrischen SUV wie der Audi e-tron wiegen Hunderte Kilogramm mehr als der Mercedes GLC F-Cell.

Hersteller:Mercedes
Typ:GLC F-Cell
Karosserie:SUV
Motor:Elektromotor
Antrieb:Heck
Leistung PS (E-Motor):211 PS
Leistung kW (E-Motor):155 kW
Drehmoment (E-Motor):365 Nm
Höchstgeschw.:160 km/h
Kraftstoff:Wasserstoff
Gewicht:2.137 kg
Maße:4,66 m / 1,89 m / 1,63 m

Das werden wir nicht vergessen: Wie souverän der GLC F-Cell fährt. Das ist wirklich fett. Bei der per Software auf 160 km/h begrenzten Höchstgeschwindigkeit (Toyota Mirai und Hyundai Nexo riegeln erst bei knapp 180 km/h ab) ist der Mercedes flüsterleise. Außerdem erzeugt der F-Cell das Zuhause-Gefühl, das den Ruf des Sterns prägt: Unbedingt solide, hochwertig bis ins Detail und ohne das Gerumpel eines Selbstzünders. Hätte der Kunde bei Autobahnautos wie E- oder S-Klasse die Wahl zwischen den klassischen Verbrennungsmotoren, dem Batterie- und dem brennstoffzellenelektrischen Antrieb - er würde sich für Letzteren entscheiden.

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